Keine Gnade für die Tümmler
25. Jan 2011

Schon früh haben die Delfinjäger heute eine Schule von Tümmlern
ausgemacht, gar nicht weit ausserhalb von Taiji. Bereits um 08.00 hetzen sie
die völlig gestressten Meeressäuger direkt in die Todesbucht. Angstvoll drängen
sich die sozialen Tiere zusammen und umkreisen schützend die Jüngsten. Ihre
Peiniger kennen erwiesenermassen keine Gnade, auch nicht gegenüber Babys und
ihren Müttern, oder trächtigen Delfinweibchen.
Bald kehren die Boote der Jäger zurück. Mit dabei Delfintrainer/innen vom Taiji
Whale Museum, ausgerüstet mit den üblichen Bahren für Lebendtransporte. Sie
verschwinden unter den über die Todesbucht ausgespannten grünen Abdeckplanen.
Zu meinem Ausguck, ganz legal auf dem Hügel direkt über der Todesbucht, dringen
aus dem schroffen Abgrund wüste Männerschreie herauf. Es scheint, als sind
unter den Planen zwei Boote kollidiert. Ich schäme mich nicht um meine
Schadenfreude. Auch Frauenrufe höre ich. Von all den Leuten da unten mag ich
die Delfintrainerinnen am allerwenigsten. Wie können diese jungen Frauen –
darunter auch künftige Mütter – diese Scheusslichkeiten nur dulden, mit ansehen
und sogar noch den Schlächtern bei ihrem grausigen Handwerk helfen?!
Nachdem es Leah Lemieux von Save Japan Dolphins aus einem versteckten
Aussichtspunkt hinaus gelungen ist, spektakuläre, herzzerreissende Aufnahmen zu
machen direkt unter die Planen, haben die Delfinpeiniger die
Sichtschutzmassnahmen nochmals verstärkt. Diese Leute verfolgen aufmerksam, was
wir publizieren. Und Leahs Material, auf verschiedenen Webseiten
veröffentlicht, kann ihnen nicht gefallen haben. Heute wird in einer vierten
Reihe erstmals noch eine zusätzliche metallfarbene Abdeckplache zugezogen.
Das Boot mit den Delfintrainer/innen verlässt die Todesbucht schon bald wieder.
Die Transportbahren bleiben leer. Das Morden nimmt einmal mehr seinen Lauf,
diesmal an zehn friedfertigen, den Menschen freundlich gesinnten Tümmlern. Ich
rufe Boyd Harnell an, einen Journalisten der Japan Times. Er reagiert verwundert
und empört: „Ich meinte, der Weltzooverband habe erreicht, dass keine Tümmler
mehr getötet werden?“ Ein bitterer Irrtum. Der Weltzooverband WAZA („World
Association of Zoos and Aquaria“, mit Sitz in der Schweiz) hat gar nichts
erreicht. Weiterhin werden nebst verschiedenen anderen Delfinarten auch Tümmler
auf bestialische Weise abgeschlachtet.
Das Taiji Whale Museum, indirektes Mitglied der WAZA, ist mit seinem lukrativen
Lebendhandel entscheidend verantwortlich für den grössten Delfin-Massenmord auf
dem Planeten. Auf flagrantere, zynischere Weise kann man den „Code of Ethics“,
den ethischen Kodex der WAZA für humanen Umgang mit Tieren nicht mehr mit den
Füssen treten. Der Verband lässt es zu; schaut weg, statt konsequenterweise den
gesamten japanischen Zooverband, dessen Mitglied das Walmuseum von Taiji ist,
auszuschließen. Tolle Politik. Blutgeld ist offensichtlich wichtiger als hehre
ethische Richtlinien. Theorie und Praxis…
Hans Peter Roth
Bilder (von Hans Peter Roth):
a) Einmal mehr endet die Delfinjagd an der Todesbucht. Die Jagdboote ziehen
sich zurück und die Delfinpeiniger riegeln die Bucht mit Netzen ab. Die Tümmler
(links, klein) sind endgültig in der Falle.
b) Verzweifelt schwimmen die sozialen Tiere im Kreis, um ihre Jüngsten zu beschützen.
c) Das Ende. Die abgeschlachteten Tümmler werden heimlich unter grünen Planen
versteckt von einem Boot zum Schlachthaus im Hafen geschleppt. Sieht so eine
„stolze Tradition“ aus?
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