Ein Monat des Grauens – und der Hoffnung
31. Jan 2011

Der Januar 2011 hat in Taiji fast so ruhig geendet, wie er begann.
In den letzten drei Tagen mussten in Taiji keine Delfine sterben. Heute blieben
die Jagdboote im Hafen. Gestern aber wurde gejagt. Und einmal mehr waren die
Opfer Pazifische Weißseiten-Delfine. Wiederum legten die Jäger hufeisenförmig
ein Netz aus, einige hundert Meter außerhalb des Hafens. Zwei Delfine endeten
schließlich in dieser Falle und müssen nun den Rest ihres Lebens in Gefangenschaft
verbringen.
Zeit für einen kurzen Rückblick auf diesen vergangenen Monat. Ungefähr 185
Delfine mussten im Januar ihr Leben lassen. Gemäß unseren eigenen Beobachtungen
und Zählungen handelt es sich bei den geschlachteten Tieren um 25 Tümmler(!),
120 Streifen-, 38 Rundkopf-, und 2 Weißseiten-Delfine. 20 Tiere wanderten in
Gefangenschaft, hauptsächlich Tümmler und Weißseiten-Delfine, aber auch einige
Rundkopf-Delfine. Diese Zahlen sind nicht ganz genau, da von unseren
Beobachtungsstandorten eine genaue Zählung nicht immer möglich ist, vor allem
wenn das Einfangen und Töten chaotisch verläuft, wie bei den Streifendelfinen
beobachtet.
Damit sind wir beim Grauen. Was ich in diesem Monat als Augenzeuge an
Brutalität, Grausamkeit und Leid mit ansehen musste, hat meine schlimmsten
Befürchtungen übertroffen. Jede Behauptung, die neue Tötungsmethode durch
Durchtrennen des Rückgrats sei „human“ und töte das Tier binnen wenigen
Sekunden, ist eine blanke, zynische Lüge. Es liegt genügend aktuelles Beweismaterial
aus diesem Monat vor, das eindringlich das namenlose Leid und das unvorstellbar
qualvolle, langsame Sterben der mit dieser neuen, barbarischen Tötungsmethode
umgebrachten Delfine zeigt. Ich werde darauf in einem separaten Blog noch
zurückkommen!
Unbeschreiblich schlimm vor allem auch, was die Tiere schon vorher durchmachen
müssen. Die Treibjagd und der damit verbunden von den Peinigern mutwillig
verursachte Gehör-betäubende Unterwasserlärm, um die Delfine in Panik zu
versetzen. Die Angst. Die totale Verausgabung durch die Hetze, bis hin zum
Erschöpfungstod. Das Erwarten der Tötung, angebunden an der Fluke, während
eines um das andere Mitglied des sozialen Verbandes hingemetzelt wird.
Dazu die Tiere wie jene Streifendelfine, welche in der nackten Panik auf den
messerscharfen Felsen stranden, sich wund schürfen bis zum Verbluten. Einmal
mussten wir mit ansehen, wie einige gestrandete Streifendelfine sich bis zu
einer Stunde halbtrocken, blutend der gleißenden Sonne ausgesetzt vor Schmerz
wanden, bis sie von den Jägern zum Abschlachten von den Steinen gezerrt wurden.
Ich muss mich an dieser Stelle vielleicht für meine drastische Sprache
entschuldigen. Aber leider war es so, wie beschrieben und selbst diese Worte
können dem beobachteten Leid nie gerecht werden.
Der Januar 2011 auch ein Monat der Hoffnung? Ja. Ich konnte hier mehrere Leute
aus Japan kennen lernen, die sich nun aktiv für den Schutz der japanischen
Delfine einsetzen. Aufrechte, mutige Frauen und Männer mit verschiedenstem
Hintergrund, die auf verschiedenste Weise am gemeinsamen Ziel mittragen. Eine
wachsende Bewegung innerhalb Japans! Das ist Match-entscheidend... Zudem bleibt
die Zahl der in dieser Jagsaison bisher abgeschlachteten Tiere weiterhin
relativ gering. Insgesamt sind es bislang rund 660 bis 690 Delfine. Letzte
Jagdsaison wurden etwa 1700 Tiere in Taiji getötet. Sehr wahrscheinlich wird
diese Zahl heuer also nicht annähernd erreicht.
Hoffnung besteht auch auf Einsicht, dass es doch nicht sein kann, dass eine
ganze Nation – unberechtigterweise – in einem beträchtlichen Teil der
Weltöffentlichkeit als rückständig betrachtet wird. Und dies nur, weil eine
kleine Gruppe von rückwärtsgewandten Leuten in einem abgelegenen Dorf mit dem
Segen von korrupten Funktionären und subventioniert mit den Steuergeldern einer
fast bankrotten Regierung* ihrem barbarischen Treiben nachgeht.
Hans Peter Roth
* Am 27. Januar stufte die
Ratingagentur Standard & Poors die Kreditwürdigkeit von Japan wegen weiter
steigender Staatsschulden herab.
Zu den Bildern (Bildautorin: Camilla Sandbakk, Norwegen):
Bilder des Grauens. Sie zeigen einerseits einen Delfinjäger, der einen
schwerverletzten, stark blutenden Streifendelfin, welcher zwischen
scharfkantigen Felsen verkeilt liegt, mit den Schuhen loszutreten versucht.
Schliesslich muss er das Tier doch mit blossen Händen von den Felsen zerren.
Auf einem Bild sind ganz oben noch Streifendelfine zu sehen, welche sich in
einem Netz verheddert haben.
Zum anderen ist ein weiterer, massiv blutender Delfin zu sehen, der zwischen
Steinen gestrandet ist und sich dermassen wundgeschürft hat, dass sich das
Wasser um ihn rot verfärbt.
Um ein rückblickendes Video vom Januar anzuschauen (Achtung: schwer
verdaulich) bitte hier klicken.
(In Zusammenarbeit und mit freundlicher Genehmigung von Leah Lemieux, www.SaveJapanDolphins.com)
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